Muß mich zuerst einmal korrigieren: neben dem Bericht in der Tageszeitung war es nicht der „Spiegel“, den ich gelesen hatte, sondern „stern“…..
Und in der Tat wird schnell unter den Tisch gekehrt, dass May Chua, wie sie selbst sagt, letztlich ihre eigene Erziehungsmethode infrage stellt. Darüber habe ich erst im net etwas gelesen, nicht in den Zeitungen….
In den Interviews, die ich im Net gefunden habe, macht sie zunächst auch nicht unbedingt einen lieblosen Eindruck, aber förmlich wehgetan hat mir, als ich gelesen habe, wie eine ihrer Töchter ihr zum Geburtstag etwas gemalt hatte und als Reaktion erleben musste: „Das kannst Du aber besser!“
Der Mutter etwas aus Liebe malen oder basteln – um dann erleben zu müssen, dass es nach der „Qualität“ beurteilt wird, statt es als Liebesgeschenk so anzunehmen, wie es ist.
Kann man denn Liebe auch qualitativ bewerten?
Damit zu drohen, dass Lieblingsspielzeug des Kindes zu verbrennen, mit dem Entzug von Mittags- und Abendessen zu drohen, dem Verbot von Geburtstagspartys für die nächsten 4 Jahre (!!) – kein Wasser zu bekommen, nicht auf die Toilette zu dürfen (!!!) – das ist psychische und auch physische Folter!
Das erinnert mich an die Analyse von Adolf Hitler in Alice Miller´s Buch „Am Anfang war Erziehung“….
„Bildungseifer, Härte und Selbstdisziplin sind die Waffen, mit denen Chua ihre Kinder wappnen will für die moderne Welt. Da draußen tobt offenbar ein Krieg“ schreibt der stern.
Was wollen solche Eltern?
Geniale Maschinen, die trotz allen Erfolges unglücklich sind? Die stets das Gefühl von Unzulänglichkeit erleben?
Ist es nicht zunächst einmal wichtig, dem Kind das Gefühl von Angenommensein, von Geborgenheit zu vermitteln – unabhängig seiner Leistungen?
Ein Manko dieses Drills ist vor allem das Verkümmern der eigenen Kreativität: stures Auswendiglernen, Lernen von Formeln etc. – wie soll man hier das „Querdenken“ entwickeln? Waren nicht viele der herausragendsten Köpfe Querdenker?
Das perfekte Spielen eines schwierigen Klavierstückes mag eine Leistung sein, aber selbst etwas zu komponieren ist eine ganz andere Qualität.
Kreativität entwickeln kann nur jemand, der seine eigenen Neigungen entwickeln und ausleben darf.
Ob nun die Selbstironie, die Amy Chua letztlich anspricht, lediglich ihre Erziehungsmethoden relativieren soll oder ob sie wirklich aussagt, etwas falsch gemacht zu haben – wir werden´s wohl erst wissen, wenn wir dieses Buch gelesen haben….