Author Topic: Schulfach "Glück"  (Read 5588 times)

Offline Fynn

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Schulfach "Glück"
« on: August 31,2008, 07:44: 18 am »
Was in einer Heidelberger Schule seit einiger Zeit praktiziert wird, finde ich unglaublich schön und nachahmenswert : Glück als Schulfach ! Warum auch nicht ? Die Schüler haben Spaß an ihren Aufgaben, lernen etwas und sind auch noch glücklich dabei. Und dazu haben sie - in diesem speziellen Fall - wohl auch allen Grund...


Hier ist ein entsprechender Artikel darüber, gefunden hier:
http://www.spiegel.de/schulspiegel/wissen/0,1518,505005,00.html
Da möchte man doch glatt nochmal jung sein...


NEUES SCHULFACH "GLÜCK"
Die fröhlichen Schüler von Heidelberg
von Jochen Schönmann

Als erste in Deutschland unterrichtet eine Heidelberger Schule das Fach "Glück". Es kann sogar für das Abitur zählen. Dem Direktor geht es um Bildung im besten Sinn, nicht um pädagogischen Zuckerguß. Für ihn ist Glück eine ernste Sache - und die Schüler sind gut gelaunt dabei.

Janina, 17, schließt ihre Augen, alle anderen machen es ihr nach. Sie sitzt entspannt, zurückgelehnt, dämmert langsam weg. Um sie herum ein gewöhnliches Klassenzimmer: die Wände gestrichen in vanille-gelb, vorne eine Tafel, an den Wänden ein paar Poster. Die knarrigen Holzstühle haben die Schüler zu einem Kreis zusammen geschoben, die Tische an den Rand. Auf einen Tisch hat jemand mit Edding gekritzelt: "Ich hasse Mathe."

Janina verschränkt locker die Arme und versucht, die Stimmung im Raum aufzunehmen. Einer im Kreis beginnt damit durchzuzählen: "Eins." Dann soll es kreuz und quer gehen, aber immer einer nach dem anderen: "Zwei" kommt von rechtsaußen, "Drei" sitzt gleich nebenan. Es geht darum, intuitiv die Lücke zu finden, jedem seinen Raum zu lassen, aber auch, sich selbst Raum zu nehmen.

Das klappt nicht gleich am Anfang. Manche feuern ihre Zahl sofort raus, andere sagen erstmal gar nichts. Beim fünften Anlauf zählt die Gruppe durch, ohne das irgendjemand den anderen gestört hätte. Völlig zwanglos. Applaus brandet auf: Janina und die anderen in der Klasse haben Glück - und zwar als Unterrichtsfach.

Schule schlimmer als Zahnarzt

Ein Scherz unterforderter Abiturienten ist das keineswegs. Der Verantwortliche sitzt vielmehr im Chefsessel der Heidelberger Willy-Hellpach-Schule, 1. OG, Zimmer 112, und heißt Ernst Fritz-Schubert, Oberstudiendirektor. Er hat es satt, dass Schule in der Beliebtheitsskala der Schüler "gleich nach dem Zahnarztbesuch" rangiert.

"Das sind übrigens Fakten", sagt Fritz-Schubert und zieht eine Studie aus seinen Unterlagen: Österreichische 9- bis 13-Jährige gaben an, sich besonders wohl in den Ferien zu fühlen, an Weihnachten, überhaupt bei den Eltern. Am wenigsten glücklich sind sie beim Zahnarzt. Und eben in der Schule.

Da muss etwas passieren, dachte der Schulleiter - und tat sich zusammen mit einer Handvoll Kollegen, mit Professor Wolfgang Knörzer vom Institut für Alltags- und Bewegungskultur an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg und mit Bernhard Peters, Ex-Hockey-Bundestrainer und derzeit Sportdirektor des Fußball-Zweitligisten Hoffenheim.

Sie haben ein Fach entworfen, das in der zweijährigen Berufsfachschule und im Wirtschaftsgymnasium auf dem Stundenplan steht. Für die Gymnasiasten kann es sogar ein mündliches Prüfungsfach im Abitur ersetzen. Alle betonen, der Unterricht solle "wieder Bildung im ursprünglichen Sinn" vermitteln. "Und dazu gehört unbedingt die Fähigkeit, Glück empfinden zu können", sagt Schulleiter Fritz-Schubert. Das baden-württembergische Kultusministerium unterstützt den Vorstoß - auch wenn man dort lieber von "Lebenskompetenz" als von "Glück" sprechen möchte.

Es soll den Schülern gut gehen, an Körper und Seele

Aber was ist Glück überhaupt? Empfindet es nicht jeder anders? Gerade als Schüler? Und wie soll man Glück unterrichten? Fragt man die Schüler, kommt man relativ schnell dahinter: "Ich bin glücklich, wenn ich Menschen finde, die meine Interessen teilen. In einer guten Gemeinschaft fühle ich mich eben wohl", sagt Glücks-Schüler Max, 18. "Ich bin glücklich, wenn ich mich körperlich fit fühle", sagt Janina. So geht es weiter: Geborgenheit, Gemeinschaft, Fitness - kein Wort von Shopping, Party, Ballermann.

Die Schüler, und das ist die gute Nachricht, brennen darauf, neue Erfahrungen zu machen. Glück, scheint es, ist eine ziemlich ernste Sache. Genauso versteht es auch Ernst Fritz-Schubert. Ihm geht es nicht um ein weiteres Placebo-Angebot mit pädagogischem Zuckerguss, sondern um viel mehr - vielleicht sogar um eine Neuentdeckung des Bildungsbegriffs. "Wir haben dafür gesorgt, dass aus Bildung Schulbildung wird", kritisiert der Direktor. Im Klartext: Junge Menschen werden beruflich qualifiziert. Punkt. Reflexionsvermögen, seelische und körperliche Gesundheit, Kultivierung und eben Lebenskompetenz - Fehlanzeige. All diese Dinge haben in der Schule keinen Platz, weil keine Zeit.

Die Idee, dass Schule wieder mehr sein muss als eine Qualifizierungsanstalt, ist nicht neu. Hartmut von Hentig, einer der einflussreichsten deutschen Pädagogen der Nachkriegszeit, schreibt im Vorwort zum aktuellen Bildungsplan in Baden-Württemberg: "Jeden Bildungsplan wird man künftig daran messen, ob er geeignet ist, die Zuversicht junger Menschen, ihr Selbstbewusstsein und ihre Verständigungsbereitschaft zu erhöhen." Das ganze Vorwort liest sich als glühende Aufforderung, das gelingende Leben als wichtige Säule in den Sinn von Schule aufzunehmen.

Das Fach "Glück" ist nun gewissermaßen der erste Praxisversuch in Deutschland. Die zentralen Bausteine: Seele und Köper, Motivation und Leistungsorientierung, Gemeinschaft. Um all diese Bestandteile zu vermitteln, ist die Tafel allerdings etwas zu klein, zu eindimensional.

Wer bin ich, und wenn ja, wie viele?

"Glück" setzt auf Eigenerfahrung: Ein Schauspieler spielt mit den Schülern Theater, ein Motivationstrainer hilft ihnen, positives Denken zu lernen, die guten Gefühle zu verstärken. Und ein Familientherapeut entwickelt mit ihnen eine Vorstellung vom "Ich" in der Gemeinschaft.

Das sieht dann so aus: Die Schüler sitzen in Dreiergruppen zusammen. Jeder hat sich eine Postkarte ausgesucht - mit einem Motiv, das ihm gefällt. Die Betrachter versuchen, einen Zusammenhang zwischen der Person und dem Bild herzustellen. Die Idee: Während sie sich in einen Menschen und seine Motive hineinversetzen, erhält der Mitschüler ein Bild von seiner Außenwirkung, das er vielleicht so noch gar nicht kennt.

"Methoden gibt es viele", sagt Fritz-Schubert, "wichtig ist, dass es Freude bereitet und die Persönlichkeit in allen Bereichen formt." Vorbilder gibt es kaum: Eine Schule in der bayerischen Kleinstadt Neumarkt experimentiert mit dem neuen Fach "Erwachsenwerden"; (mehr...) die Wellington-Privatschule nahe London hat bereits "Happiness" als Fach eingeführt; "Happiness-Kurse" gibt es auch an Universitäten, etwa in Harvard. Sie sind aber meist auf die Schiene positiver Psychologie angelegt. Die Ansätze kommen sehr häufig aus der Anti-Depressionsforschung, etwa vom Depressionsexperten Martin Seligmann.

Die Heidelberger finden das zu einseitig: "Psychologie ja - aber wir möchten hier auch ein Bewusstsein dafür schaffen, wie sich eine gesunde Ernährung auf die Stimmung auswirkt oder wie Sport hilft, sich im eigenen Körper wohlzufühlen", sagt Fritz-Schubert. Auch das Einkaufen und Zubereiten von Lebensmitteln gehört deshalb zum Stundenplan.

Alles im Leben kann zum Glück beitragen, lautet die Botschaft. Am Ende bleibt nur eine Sache, an der es für Schüler hapern könnte: "Glück" ist ein Unterrichtsfach. Und das bedeutet: Es gibt Noten. Macht nichts, finden die Schüler. Einer sagt: "Ich habe das Fach doch gewählt, weil es mich interessiert. Glauben Sie, ich will eine Fünf in 'Glück'?"


Da würde es mich doch glatt mal interessieren, wie ihr das seht. Genauso gut könnte das hier sicher in den *guten Neuigkeiten* stehen, aber ich hab' mich jetzt mal entschlossen, es hier zu posten. Unter solchen Umständen hätte ich auch mehr Spaß an der Schule gehabt...und sicher mancher von Euch auch......oder...?  d024

Gruß,

Fynn eo
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AngelInChains

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Re: Schulfach "Glück"
« Reply #1 on: August 31,2008, 12:33: 18 pm »
Das ist ein sehr erfreulicher Ansatz, nur leider ist man nicht automatisch gluecklich, weil man es beigebracht bekommen soll. Wie viele sich da im Unterricht eine glueckliche Fassade aufbauen, um nicht aufzufallen, moechte ich gar nicht wissen. Es tut mir Leid, soetwas Negatives hier einbringen zu muessen, aber ich denke, man sollte soetwas von allen Seiten betrachten, denn das Leben besteht aus schoenen und weniger schoenen Erlebnissen. Ich denke, dem stimmen die meisten hier zu, ich weiss, viele hatten zumindest in der Vergangenheit auch mal nicht so schoene Erlebnisse.

"Da möchte man doch glatt nochmal jung sein... "

Oh, da waere ich vorsichtig... Wegen Glueckunterrichts all die Kriminalitaet und Gewalt in Kauf nehmen, mit der man als Jugendlicher taeglich konfrontiert ist? Ich war an einer der besten Schulen der Stadt und auch da kam es in den letzten zwei Jahren, die ich dort war (2005, 2006, ist also auch gerade 2 Jahre her), immer haeufiger zu Beschimpfungen, Schlaegereien, etc. Die Atmosphaere hat sich stark gewandelt. Nicht unbedingt zum Positiven. Wie es in wenigen Jahren aussieht, wenn es so weitergeht, ist eine schlimme Vorstellung.

Aber insgesamt ist der Gluecksunterricht auf jeden Fall eine sich positiv auf die Atmosphaere auswirkende Neuerung. Wenn er nicht, wie die meisten anderen Stunden, ausfaellt ;) (und wird das nicht etwas voll, da die Oberschule jetzt in vielen Bundeslaendern um ein Jahr gekuerzt wurde, wodurch das eine Jahr in die ganzen vorigen Jahre verbaut wurde? Ich hoere immer Klagen, dass das jetzt so ein vollgestopfter Plan ist, dass man unter Dauerstress steht und vor dem Abend nicht mehr nach Hause kommt)

Offline Fynn

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Re: Schulfach "Glück"
« Reply #2 on: August 31,2008, 13:12: 24 pm »
"Da möchte man doch glatt nochmal jung sein... "

Oh, da waere ich vorsichtig... Wegen Glueckunterrichts all die Kriminalitaet und Gewalt in Kauf nehmen, mit der man als Jugendlicher taeglich konfrontiert ist? Ich war an einer der besten Schulen der Stadt und auch da kam es in den letzten zwei Jahren, die ich dort war (2005, 2006, ist also auch gerade 2 Jahre her), immer haeufiger zu Beschimpfungen, Schlaegereien, etc. Die Atmosphaere hat sich stark gewandelt. Nicht unbedingt zum Positiven. Wie es in wenigen Jahren aussieht, wenn es so weitergeht, ist eine schlimme Vorstellung.
Das stimmt sicher, das wäre dann schon eine schlimme Vorstellung. Ich bin ebenfalls in einer Schule gewesen, die an Brutalität - Schülern und Lehrern gegenüber ! -  die wildesten Phantasien übersteigt, denn auch die Lehrer sind absolut regelrecht und ganz eindeutig bedroht worden. Messer und schlimmeres waren an der Tagesordnung und kein Lehrer hätte sich getraut, auch nur entfernt einzugreifen und die Mädchentoilette wurde auch ganz bestimmt nicht nur von Mädchen genutzt...das war immerhin Ende der 60iger auch nicht grade toll...und heute sicher auch nicht grad besser, was ich schlimm genug finde.

aber es ist ganz bestimmt auch schlimm, wie Schüler - und auch arbeitende Menschen - total komplett ausgenutzt werden, um in immer weniger Zeit immer mehr *zu schaffen*. Das einzig Positive daran sehe ich daran, das man irgendwann sehen muß - zwangsläufig ! - das eine Steigerung nicht mehr möglich ist. In meinem Fall war es mit ein Grund für meine Frührente, - mit damals 45...und ich hab' meinen Job wirklich gern gemacht ansich. Ich bin zwar eh nicht 100% gesund, aber auch die gesündesten werden sich irgendwann krankarbeiten, wenn das so weitergeht. Das ist - leider ! - eine echt schlimme Entwicklung.

Gruß,

Fynn
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Offline Vivienne

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Re: Schulfach "Glück"
« Reply #3 on: August 31,2008, 13:32: 39 pm »
Ich denke, darf für uns beide schreiben, wenn ich sage, wir wollen hier in diesem Forum den Focus etwas davon abwenden ( von schlimmen Entwicklungen)und die wenigen wirklich wunderbaren Entwicklungen betonen, um sie damit vielleicht zu verstärken:

wende dich dem zu , was du haben willst.... das ist mein Motto.

Das soll aber nicht schönreden und auch nicht die Augen zumachen vor der Realität...

Offline Vivienne

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Re: Schulfach "Glück"
« Reply #4 on: September 14,2008, 19:36: 17 pm »