Hier möchte ich mal von einem Traum berichten, den ich heute Nacht hatte. Er hat mich sehr beeindruckt und mir deutlich aufgezeigt, was mich so in den letzten Tagen und Wochen umtreibt, was ich so in letzter Zeit erlebt, verarbeitet und auch noch nicht verarbeitet oder gefühlt habe.
Außerdem finde ich es bemerkenswert, mit welch klaren Bildern das Unbewusste sich verständlich machen will.
Dies ist der Inhalt des Traumes:
Ich saß in einem Zug, der durch die Steppen Sibiriens rollte. Draußen herrschte tiefblaue Nacht mit glitzernden Sternen. Es war sehr hell, weil die ganze Gegend meterdick verschneit war. Auch die vereinzelten Bäume trugen dicke Schneemäntel bis zum Boden.
Als Frau saß ich gemütlich in diesem Zug, der hell, warm und freundlich durch die Nacht leuchtete. Ich war gut gekleidet, hatte es warm, war aber nicht die Vivienne, die ich kenne, war eigentlich eine mir unbekannte Frau.
Nun kommt es zu einem Szenenwechsel. Denn gleichzeitig befand ich mich nun als Mann draußen in der Landschaft in der Nähe der Gleise und sah den Zug aus der Ferne anrollen. Ich sah als dieser ungefähr vierzigjährige Mann recht wild aus, kämpferisch, zottelige Haare, lumpig gekleidet, verfroren. Ich fühlte mich erschöpft und verzweifelt, war nicht länger bereit, weiter zu gehen und gegen die vorherrschende eisige Kälte anzukämpfen. Ich stellte mich neben so einen dick verschneiten Baum und beschloss, Selbstmord zu begehen, mich einfach erfrieren, einfrieren zu lassen.
Szenenwechsel. Wieder sitze ich in dem Zug und beobachte als Frau, wie dieser Mann da draußen langsam erkaltet und erstarrt. Das will ich nun aber nicht zulassen. Auch andere offenbar nicht, denn der Zug hält an, ein mir unbekannter Mann steigt aus und bittet den Erstarrten, mit in dem Zug weiter durch Sibirien zu fahren. Der halb erfrorene war sehr unwirsch, wehrte sich sogar, erlag aber dann doch den Überredungskünsten des anderen und stieg nur außerordentlich widerwillig in den Zug ein. Er setzte sich auf den Platz neben mir und taute langsam auf. Ich erkannte zu meinem Schrecken und auch zu meiner Freude, dass dieser Mann ja mein Lebenspartner war, meine Liebe und war froh, dass er gerettet war. Ich bemerkte ebenso, dass sein Gesicht viel feiner und zarter aussah, als der erste Eindruck vermittelte. Er war immer noch am Schimpfen und sehr mürrisch, ich spürte aber klar, dass sich in ihm eine große Freude langsam Bahn brach über seine Rettung.
Der warme Zug rollte weiter durch die eisige, aber auch unglaublich schöne Schneelandschaft Richtung Osten.
Ende des Traumes.