Möchte heute mal einen Auszug aus einem Buch bringen, das mir sehr am Herzen liegt. Es ist von Marshall Rosenberg und heißt `Gewaltfreie Kommunikation`. stern
Es geht darum, buchstäblich eine neue Sprache zu lernen, die auskommen könnte ohne ständige Bedrohung "wenn du...“, ständige Kritik und ständigen erhobenen Zeigefinger. Stattdessen bietet sie an: Empathie, Einfühlungsvermögen in das, was der andere mitteilen will.
Hier stelle ich mal einen Auszug aus dem Buch vor, den ich sehr liebe, weil ich mich gespiegelt sehe und weil ich ihn auf liebevolle Weise sehr witzig finde.
MS ist Marshall Rosenberg
P ist sein Patient, der bei ihm ein Therapiegespräch hat
Die Anführungszeichen erspare ich mir...
MS: Was ist es, was Sie haben wollen und nicht bekommen?
P :Ich weiß nicht, was ich will.
MS: Ich dachte mir schon, dass Sie das sagen.
P: Wieso?
MS: Meine Theorie ist, dass wir depressiv werden, weil wir das, was wie wollen, nicht bekommen. Und wir bekommen nicht, was wir wollen, weil uns nie beigebracht wurde, das zu bekommen, was wir wollen.
Stattdessen haben wir gelernt, brave kleine Jungs und Mädel und gute Mütter und Väter zu sein. Wenn wir eine von diesen guten Eigenschaften haben, gewöhnen wir uns am besten gleich daran, depressiv zu werden.
Depression ist die Belohnung fürs Brav sein!
Aber wenn Sie sich besser fühlen wollen, dann möchte ich Sie bitten, heraus zu finden, was Sie sich wünschen. Was genau sollen andere Menschen tun, damit Ihr Leben besser für Sie wird?
P: Ich möchte gern, dass mich jemand liebt. Das kann ja nicht so falsch sein, oder?
MS: Das ist ein guter Anfang. Ich möchte Sie bitten, genauer zu bestimmen, was jemand anderes konkret tun soll, damit Ihr Bedürfnis, geliebt zu werden, erfüllt wird. Was könnte ich z.B. tun?
P: Ach, Sie wissen schon...
MS: Ich bin mir nicht so sicher, dass ich weiß. Ich bitte Sie, mir zu sagen, was ich oder andere machen sollen, damit Sie die Liebe bekommen, nach der Sie suchen.
P: Das ist schwierig.
MS: Ja, es kann schwierig seine, klaren Bitten zu formulieren. Aber denken Sie daran, wie schwer es für andere ist, auf unsere Bitte zu reagieren, wenn uns selbst nicht einmal klar ist, was wir wollen.
P: Mir wird langsam klar, was ich von anderen wünsche, um mein Bedürfnis nach Liebe zu erfüllen, aber es ist mir peinlich.
MS: Ja, es ist sehr oft peinlich. Also, was soll ich oder jemand anderes tun?
P: Wenn ich mir genau überlege, was ich möchte, wenn ich um Liebe bitte, dann möchte ich, dass Sie erraten, was ich will, möglichst bevor es mir selbst klar ist. Und dann möchte ich, dass Sie das immer so machen.
MS: Ich bin dankbar für Ihre Klarheit. Ich hoffe, Sie können jetzt erkennen, dass es für Sie unwahrscheinlich ist, jemanden zu finden, der Ihr Bedürfnis nach Liebe erfüllt, wenn er DAS dafür tun soll.
Möchte auch selbst noch was nachtragen zu Marshall Rosenberg.
So sehr er großen Humor besitzt, scheint mir sein Anliegen doch tiefernst zu sein.
Er macht z.B. Workshops mit israelitischen und palästinensischen Kindern, die doch oft dazu erzogen werden, sich gegenseitig zu hassen. Mit diesen Menschen hat er wunderbare Erfolge in gewaltfreier Kommunikation.
Ich bewundere ihn über alles für dieses große Engagement.
Erst wenn man seine Wut zumindest vor sich selbst zulässt und sich gestattet, kann man anfangen, gewaltfrei mit ihr umzugehen.
"Gewaltfrei kommunizieren" nach Rosenberg wird oft verdächtigt: man mache sich da die Wut weg und sei nur noch "lieb" - das stimmt jedoch nicht.
In einer Übungsgruppe, in der wir an echten Konflikten, die wir erlebt haben, arbeiten, äußern wir unsere Empfindungen zuerst immer auch in der "Wolfsprache". (Das fängt meist an mit Beschimpfungen ) Und DANN filtert man heraus, welche Gefühle und Bedürfnisse hinter dieser Wut stecken, und welche Gefühle/Bedürfnisse der andere möglicherweise hatte, der mich so hoch gebracht hat.
Darin steckt dann sehr viel Selbsterfahrungspotential!
Die GFK nennt man auch "einfühlsame" Kommunikation - und man ist stets aufgefordert, vor allem und auch SICH SELBST Einfühlung/Empathie zu geben und auch mit den eigenen Empfindungen nicht gewaltsam (wertend, aburteilend, beschimpfend, kleinmachend, lobend) umzugehen. Damit aufzuhören, ist gar nicht so leicht.
Zu diesem Thema gibt es ein wunderbares Forum, in dem es darum geht, mit wirklichen Alltagssituationen, sozusagen, eine neue Muttersprache zu lernen:
http://www.gewaltfrei-im-norden.de/Gewaltfreies Kommunizieren beginnt schon damit, über Menschen (sich selbst eingeschlossen) keine Urteile zu fällen. Und damit sind sowohl positive als auch negative Urteil gemeint.
Wenn jemand zum Beispiel schreibt: „ Der Aufsatz ist Klasse. Super Super.“
ist das ein Lob ... und im Sinne von Gewaltfreier Kommunikation ein Urteil, weil DU bestimmst, was "klasse" ist und was nicht. - Das mag Dir vielleicht jetzt etwas seltsam erscheinen. Aber auch das ist "Gewalt". Denn der Lobende stellt sich mit seinem positiven Urteil innerlich über den Gelobten.
Ich geb noch einmal ein Beispiel, wie gewaltfreie Kommunikation hier aussehen könnte:
"Als ich Deinen Aufsatz gelesen habe, habe ich mich total gefreut. Für mich liegt so viel Klarheit in Deinen Worten und ich mag, wie Du Deine Gedanken umgesetzt hast. Da geht so einiges mit mir in Resonanz und ich fühle mich verstanden."
So ... damit gäbest Du Wertschätzung, sagtest, was es in Dir ausgelöst hat und schaffst damit Verbindung und Kontakt und das schafft dann einfach Tiefe und Qualität. Eine ganz andere Sache, als ein Lob.
Noch etwas zum Schluss: Gewaltfreie Kommunikation ist etwas, was man nicht von einem auf den anderen Tag hinbekommt, es ist wie das Lernen einer neuen Sprache.
Ich möchte Euch zwei Bücher empfehlen:
Amazon.de: Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens.: Marshall B. Rosenberg: Bücher
Amazon.de: Konflikte Lösen durch gewaltfreie Kommunikation: Ein Gespräch mit Gabriel Seils: Marshall B. Rosenberg: Bücher
http://www.amazon.de/s/?ie=UTF8&keywords=gewaltfreie+kommunikation&tag=googhydr08-21&index=aps&hvadid=1189484441&ref=pd_sl_5voxdzktl5_bWie ihr dort seht, gibt es auch noch jede Menge anderer Bücher
zu diesem wirklich spannendem, allzu menschlichem Thema.